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Das Narrativ von der US-Rendite

30. Mai 2024
Raimund Brichta
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von Raimund Brichta

Der von Fachleuten herbeigeredete direkte Zusammenhang zwischen US-Rendite und Leitzinserwartungen greift mir viiiiiiiiel zu kurz. Hier die Begründung:

Es wird behauptet, wenn die US-Renditen fallen, seien Leitzinssenkungshoffnungen der Grund; wenn sie steigen, das Gegenteil, also nach hinten verschobene Leitzinssenkungshoffnungen.

Gerne wird das noch mit einer Portion Fachjargon garniert: Zinshoffnungen würden am Anleihemarkt eben „ein- oder ausgepreist“. Für zuhörende Laien mag das ganz plausibel klingen, es stimmt in dieser apodiktischen Form aber nicht.

Denn die Anleiherenditen sind von einer Reihe weiterer wichtiger Faktoren abhängig:

➡️ Wieviel Schulden nimmt der Staat auf, wie viele Anleihen muss er also verkaufen?

➡️ Wer tritt als Käufer von Staatsanleihen auf und in welchem Umfang? Die Fed, China, Japan etc. …

➡️ Wer baut auf der anderen Seite seine Anleihebestände ab? Die Fed, China, Japan etc. …

➡️ Und ganz wichtig: Die Spekulation mit den genannten Faktoren. Gerade am hocheffizienten Finanzmarkt für US-Treasurys, auf dem sich die großen Player schnell long und short positionieren können, hat dies eine immense Bedeutung.

Der eingangs genannte simplifizierte Zusammenhang führt also in die Irre. Es gibt sogar Phasen, in denen sich Renditen und Leitzins gänzlich entkoppeln. Der Zeitraum 2003-2007 ist ein Beispiel dafür:

👉 Da sind die Leitzinsen gestiegen, die Renditen aber gefallen.

💡Fazit: Da Washington weiter fleißig Schulden macht (egal ob mit Biden oder Trump im Weißen Haus), der Anleihe-Appetit Chinas, Japans und anderer Nachfrager aber deutlich abnimmt, kann nur die Fed einen weiteren Renditeansieg verhindern oder umkehren. Dies aber nicht, indem die Fed Leitzinshoffnungen schürt, sondern indem sie Staatsanleihen kauft. 💡

➡️ Nach meiner Erwartung wird sie das langfristig auch tun. Der Fed-Beschluss vom 1. Mai dürfte ein erster Schritt in diese Richtung gewesen sein. Stay tuned!

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Kommentare

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  • Peter Czeck sagt:

    Hhm. vielleicht kann man die Angelegenheit bei nächster Gelegenheit im Gespräch mit „Fachleuten“ i.R. der Telebörse mal erörtern. M.E. sind Deine Argumente schlüssig. Auf kurze Sicht könnten Erklärungen v. Notenbanken evtl. psychologisch wirken.

    • Raimund Brichta sagt:

      Da habe ich weniger Vertrauen in die „Fachleute“ als Du. Dieses und andere Themen spreche ich des öfteren in Vorgesprächen an und stoße bei den Gesprächspartnern dabei auf Zustimmung. In den anschließenden Interviews verbreiten dieselben Leute aber wieder ihre Simplifizierungen. Was antrainiert ist, ist eben antrainiert 🙂

      • Peter Czeck sagt:

        Wie auch immer…am Ende war wieder niemand schuld. Wo ist der Juliustum v. F. Schäffer geblieben? M.E. nicht mehr revidierbar.

      • Aries Eeberg sagt:

        Deshalb höre ich mir die Interviews mit den meisten „Fachleuten“ nicht mehr an. Es sind nur wenige, bei denen sich das Zuhören lohnt.

  • Aries Eeberg sagt:

    Tja, und nun? Ich habe einen kleinen Posten Global Aggregate Bond gekauft und damit leicht verloren. Der Trend zeigt nach unten. Wenn du Recht behältst, sollte die langfristige Rendite bestenfalls gleich bleiben oder steigen. … Es war wohl ein Fehler, hier in Bonds einzusteigen, zumal das Gold, das ich dafür verkauft habe, derart gestiegen ist.
    .
    Andererseits denke ich: Wenn es wieder Zinsen gibt, sollten Zinspapiere in einem strukturierten Portfolio enthalten sein.
    .
    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Zinsen noch weiter steigen. Aber wer bin ich, um das einschätzen zu können?

    • Raimund Brichta sagt:

      Wenn ich recht behalten sollte, wird due Fed wieder mehr Staats-Anleihen kaufen und damit einen möglichen Zinsanstieg stoppen. Die Frage ist nur, bis zu welcher Höhe sie vorher einen Zinsanstieg zulässt.

  • Rainer Kraushaar sagt:

    Du liegst das absolut richtig, auch wenn man mit Bankern spricht, orientieren sich diese bei der 10 jährigen Immobilienfinanzierung was die EZB wohl in naher Zukunft macht. Eigentlich ein Phänomen.

    Zu den von Dir genannten Faktoren, die das lange Ende bewegen könnte man noch um die Inflationserwartung des Finanzmarktes ergänzen, der teilweise die Lage auch anders einschätze, als die Geldpolitiker.

    Fakt ist, dass der Euro-Bund-Future auf dem Weg zum All-time-high ist und keiner weiß, wo das Ende liegt. Die langen Zinsen steigen, in den USA verharren sie derzeit auf hohem Niveau.

    Schau mer mal, wie lange das noch so weiter geht …. Gruß, Rainer

    • Raimund Brichta sagt:

      Klar, es gibt noch viele weitere Faktoren. Dazu zählen auch die Leitzinserwartungen, aber eben nicht nur.