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Greiffbar – Kleinstadt oder Zukunftszentrum?

26. August 2022
Volker Schilling
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von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Jackson Hole

Die 11.000 Einwohner zählende US-Kleinstadt am Fuße der Rocky Mountains im Bundestaat Wyoming erfährt einmal im Jahr internationale Aufmerksamkeit. Genau dann, wenn sich die führenden Notenbanker dort zum Austausch über ihre nächsten monetären Maßnahmen treffen. Diese Woche ist es mal wieder soweit und alle Augen richten sich auf US-Notenbankchef Jerome Powell, der den Takt vorgibt und EZB-Chefin Christine Lagarde, die folgt. So provinziell der Ort, desto weitreichender die Botschaft an die globale Wirtschaft: Die US- Notenbank wird die steigende Inflation mit kräftigen Zinsanhebungen bekämpfen. Zur nächsten Zinssitzung der US-Notenbank am 21. September rechne ich mit weiteren 0,75% Anhebung. Jerome Powells Worte zeigen zum einen den starken Willen zur Inflationsbekämpfung, als auch die Flexibilität auf sich veränderte Zahlen zu reagieren. Damit sollte der US-Aktienmarkt gut leben können. Ganz anders bei Frau Lagarde, die zu spät, zu schwach und zu langsam reagiert und damit den Euro massiv schwächt und in Folge dessen die importierte Inflation weiter antreibt. Ein schwacher Euro befeuert für uns die Teuerung internationaler in Dollar gehandelter Güter weiter. Dieses Agieren ist so provinziell wie der Ort des Notenbankertreffens selbst. Ganz anders diese Woche in diesem beschaulichen Städtchen:

Stephenville

Es leben mit circa 6.600 Einwohnern zwar noch etwas weniger Menschen in der kanadischen Kleinstadt als in Jackson Hole, aber die positive Nachricht, die Bundeskanzler Olaf Scholz und Kanadas Premierminister Justin Trudeau aus dem kleinen Ort in Neufundland senden, soll Millionen von Deutschen bei ihrer zukünftigen Energieversorgung helfen. Stephenville war in der Vergangenheit einer der Notlandeplätze des Space Shuttles. Diese Woche wurde es erneut Notlandeplatz für deutsche Politiker, auf der Suche nach neuen Energien. Ab 2025 sollen von dort aus Tanker, gefüllt mit grünem Wasserstoff, den Hafen verlassen und Deutschland beliefern. Für die Produktion des (Wasser-)Stoffs, aus dem die Träume sind, fehlen aber bisher noch die Windkraftanlagen und die Produktionsstätten. Bleibt zu hoffen, dass im kanadischen Stephenville die Großbauprojekte schneller genehmigt und gebaut werden als im deutschen Schönefeld. Nicht dass sich noch eine seltene Flusskrebsart in den Fjorden vor Stephenville findet, deren Gesang als schützenswert gilt. Apropos:

Barkley Cove

Den kleinen US-Ort Barkley Cove in North Carolina werden sie bei Google Maps vergeblich suchen. Er ist ein fiktiver Ort im Buch „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens. Jenem Spiegel-Bestseller Erfolgsroman, dessen Verfilmung derzeit in unseren Kinos läuft. Und wer auf eine Mischung von Außenseitern, Krimi und Justizdrama steht, der wird hier fündig. Barkley Cove ist jener bigotte Ort, an dem man Andersdenkende missachtet und verstößt. Ein Ort wie das Unternehmen Twitter, welches seinen Whistleblower (zu Deutsch: Hinweisgebender/ früher: Petze) nicht nur verstoßen hat, sondern auch unter den Whistleblowerschutz der US-Börsenaufsicht gestellt werden musste. Kein geringerer als der ehemalige Sicherheitschef Peiter Zatko erhebt schwere Vorwürfe über gravierende Sicherheitsmängel beim Kurznachrichtendienst. Auch hier droht es zu einem Krimi und Justizdrama zu werden. Dies könnte wiederum Elon Musk in die Hände spielen, der nach dem Rücktritt vom Twitterkauf damit weiteres juristisches Material erhält. Und das findet dann im realen Leben statt und nicht in der fiktiven Welt der Literatur. Bleiben Sie belesen.

Ihr Volker Schilling

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Kommentare

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  • Michael sagt:

    Die heutige Live-Sendung von Markus Koch während der Powell Rede ist sehenswert. Klare Aussagen vom Herrn Koch.

    Ich habe mich heute noch rechtzeitig von ein paar Aktien getrennt. Für September und ggf Oktober plane ich keine Käufe.

    Investiert jmd von Euch eigentlich in US-Staatsanleihen?

    • Robert Z. sagt:

      @Michael. Noch nicht. Gehen die Zinsen wie geplant weiter hoch dann werden ihre Kurse schwächer – und vermutlich der USD stärker. Ich lasse mir noch ne Weile Zeit – viel verpassen kann man wohl im Moment nicht – oder? Sept/Okt sehe ich wie Du – aber reichlich vor der „üblichen“ Jahresend-Begeisterung denke ich darüber nach.

    • Aries Eeberg sagt:

      T-Bonds wären mit zu risikoreich. Gehen die Zinsen hoch, sinken sie. Gehen die Zinsen runter, steigen Aktien mehr und wird der Dollar vielleicht schwächer. Wann die Zinsen wieder sinken werden, ist auch völlig offen. Diese Risiken sind mir eine Chance auf 10% Kursgewinn in unbestimmter Zukunft nicht wert. Und 3,5% p.a. bei hoher Inflation sind mir zu wenig.
      .
      Die Ankündigung von „some pain ahead“ und einer Periode unter Potentialwachstum ist doch teilweise schon eingepreist. Das muss keinen neuen Crash verursachen. Außerdem gibt es immer Aktien, die unter den gegenwärtigen Bedingungen auch gut abschneiden. Deshalb bleibe ich lieber bei Qualitätsaktien und Gold. Wenn Gold wegen der höheren Zinsen fällt, kann man es ja nachkaufen.
      .
      Danke für den Hinweis auf Markus Koch, Michael.

      • Sandro sagt:

        Ich greife eigentlich ganz gerne ins fallende Messer. Das zahlt sich nämlich immer aus, wenn das Messer schon relativ tief gefallen ist. Ist ein bisschen wie bei einer Fristentransformation: Kurzfristig hohes Risiko, aber langfristig ist man auf der sicheren Seite. Sofern es überhaupt Strategien geben kann, die funktionieren (vgl. Markteffizienzhypothese), gehört vielleicht „Buy the dip“ dazu, falls man das als Strategie bezeichnen könnte.

        Deshalb stehen bei mir Goldminenfonds auf der Kaufliste, aber auch Gold, wenn es wegen der Zinsen weiter fällt.

        • Peter Czeck sagt:

          Sandro dem ersten Absatz Deines Beitrags stimme ich voll zu, wenn es um Indizes/Märkte geht. Im Rückblick sieht man z.B. beim Dax im Chartbild immer die vd. Krisen (z.B. Ölkrise, Sonntagsfahrverbot), die zu Rückschlägen geführt haben.Am Ende heißt es dann immer „the winner is“…. Mr. DAX .Bei Einzelaktien ist dies m.E. problematischer.

          • Sandro sagt:

            Ja, bei Einzelaktien muss man genau hinschauen und entscheiden, ob es sich nur ein kurzfristiges Ereignis handelt, das die Kurse vorübergehend drückt oder um Etwas, was sich auf Gewinne oder Cashflow langfristig und nachhaltig auswirken kann.

            Ein kurzfrsitiges Ereignes kann z. B. eine Kapitalerhöhung, eine teure Übernahme, eine rein charttechnisch bebründete Korrektur, oder einfach das „Mitlaufen“ des Einzelkurses mit der Marktperformance sein (letzteres ggf. auch mal übertrieben, je nach Chartsituation). Als kurzfristiges Ereignis betrachte ich z. B. auch, wenn Bakkafrost mal wieder von einem Fischvirus, einer Algenpest oder von Quallenschwärmen geplagt wird, was die Bakkafrost-Aktie und andere Seafood-Aktien vorübergehend auf Talfahrt schickt. Langfristig und nachhaltig wäre eben, wenn zu erwarten ist, dass das Geschäftsmodell zukünftig weniger tragfähig wird oder Margen dauerhaft zurückgehen könnten.

        • Aries Eeberg sagt:

          Ich habe mal Gold gegen Newmont und Barrick laufen lassen. Ergebnis: Mit Gold ist der Indexverlauf konstanter und etwas besser als mit Goldminen. Noch längerfristig sieht es für die Goldminen schlechter aus als für Gold.
          Daraus habe ich die Konsequenz gezogen, keine Goldminen mehr in dasbalancierte Portfolio zu nehmen. Statt Anleihen halte ich Xetra- oder Euwax-Gold. Da sind die Gewinne sogar nach einem Jahr steuerfrei, falls es welche gibt.

          • Michael sagt:

            Hi Aries, vielen Dank für Deine Charts und Meinungen.

            Was die Minenaktien betrifft halte ich aktuell nur eine sehr kleine Position an Barrick Gold. Es war absehbar, dass der Schwenk der Notenbanken auch Gold und Minenaktien in Mitleidenschaft ziehen wird.

            Die Minenunternehmen haben vor etwas über 10 Jahren den Fehler einer unkontrollierten Expansion betrieben, aufgrund Größenwahn beim damals hohen Goldpreis. Massive Verschuldung war die Folge. Ich denke, manche Unternehmen haben aus diesen Fehlern gelernt und stehen jetzt fundamental solide da. Inwieweit die erhöhten Rohstoffpreise beim Abbau von Gold durchschlagen, weiß ich nicht.

            Barrick Gold bspw wird so langsam wieder interessant, auch unter Dividendenaspekten.

            Da ich die Auswirkungen der Zinserhöhungen und Bilanzsummenreduktion nach wie vor als kritisch erachte, greife ich Stand heute nicht zu.

            Der Goldpreis in Euro hat sich übrigens stark entwickelt. Eine deutlich bessere Performance als der DAX…und ein klares Zeugnis für den Abstieg Deutschlands.

            • Sandro sagt:

              „Zinserhöhungen und Bilanzsummenreduktion“ sind die eine Sache. Eine andere Sache ist aber die Inflation. Wenn die Goldpreisentwicklung nicht mit der Inflation mitzieht, wird Gold dadurch indirekt billiger. Wenn die Inflation aber wieder deutlich zurückgeht, dann ist vielleicht auch Schluss mit „Zinserhöhungen und Bilanzsummenreduktion“.

          • Sandro sagt:

            Danke für die Hinweise. Das mit den Chartvergleichen ist immer so eine Sache – es hängt viel vom gewählten Anfangszeitpunkt ab. Es stimmt, dass die Goldminen zuletzt deutlich Federn gelassen hatten und ihre Charts daher Gold und S&P unterliegen. Aber genau deshalb halte ich sie derzeit ja auch für kaufenswert. Goldminenaktien sind viel volatiler, das stimmt. Ich denke, die Mischung und der Einstiegszeitpunkt machen’s.

            Anbei einemal der Vergleich zwischen VanEck Gold Miners ETF (WKN: A12CCL) in USD (gelber Chart) und S&P500 (blauer Chart):

          • Sandro sagt:

            Nun noch der Vergleich zwischen VanEck Gold Miners ETF (WKN: A12CCL) in USD (gelber Chart) und Xetra-Gold (grüner Chart):

          • Sandro sagt:

            Schließlich nochmal Xetra-Gold (gelber Chart) und S&P500 (blauer Chart) im Vergleich.

            • Aries Eeberg sagt:

              Dieser Chart zeigt sehr schön, dass sich Gold und Aktien-ETFs für ein balancierendes Portfolio eignen. Die Korrelation ist gering, sodass man Aktien zukauft, wenn Gold höher steht und umgekehrt. Damit wird das Ergebnis geglättet. Besonders, wenn man über 60 ist, ist das ein gewünschtes Ergebnis. Alternativ: Man kauft zu, was gerade schwächer ist oder verkauft, was gerade gestiegen ist – je nach dem, ob man gerade Geld braucht oder übrig hat.
              .
              Ach ja, und die Dividenden werden verjubelt! Man gönnt sich ja sonst nichts.

      • Michael sagt:

        Immer wieder gerne, Aries. Markus Koch lebt und arbeitet in den USA und bekommt somit naturgemäß die wesentlichen Vorgänge an der Wallstreet und in den USA mit. Er ist sehr transparent und gibt auch eigene Fehleinschätzungen zu. Meist liegt er richtig.

        Wie haben sich Gold und Goldminenaktien in Zeiten von steigenden Zinsen und in Zeiten einer FED-Bilanzsummenreduktion verhalten?

        Über Geld nachdenken…

  • Aries Eeberg sagt:

    Hier ist Gold vs S&P 500 ab 1970 … Schon beeindruckend.
    .
    Aber zur Erinnerung: Der S&P 500 ist ohne Dividenden.

    • Peter Czeck sagt:

      Naja die Dividenden + Dividendenzinseszinsen….das gibt doch schon einen ganz erheblichen Batzen… Für Gold gibt’s halt keine Zinsen….evtl. Stillhalterprämie? Die Charts sähen + Dividenden doch ziemlich anders aus.

      • Sandro sagt:

        Naja, man muss aber auch bedenken, dass die Dividenden (ebenso wie realisierte Kursgewinne von Aktien) versteuert werden müssen, wohingegen die Gewinne aus Goldverkäufen nach einem Jahr steuerfrei sind, wie Aries oben schon schrieb. Ich sehe es auch nicht so, dass man sich unbedingt entscheiden müsste bzw. abwägen müsste, was nun besser ist. Es macht Sinn, beide Assetklassen (Aktien und Gold) zu haben.

        • Peter Czeck sagt:

          Ja aber die Steuer frisst immer nur einen individuellen Teil der Dividenden auf. Wenn Du die Dividenden nach Steuern unter Berücksichtigung des Zinsezinseffekts hochrechnest, ergibt das auf längere Sicht immer noch ein erkleckliches Sümmchen. Die Steuerfreiheit bei Gold nach einem Jahr ist ein beachtlicher Vorteil. Habe ich ein paarmal auch schon gemacht. Brachte aber nix, da der Wiedereinstiegspreis immer höher lag. Klar Gold gehört als Sachwert dazu. Ich zögere aber den Anteil zu erhöhen, solange ein Ende der Zinserhöhungen nicht absehbar ist.