von Volker Schilling
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Auf Eis gelegt
- Eiskalt erwischt
- Ganz dünnes Eis
Auf Eis gelegt
Erst reagierten die Twitter-User ganz frostig, als Elon Musk seine Übernahmepläne für Twitter ankündigte und jetzt ist ihnen beim aktuellen Übernahmestopp wohl das Gesicht eingefroren. Elon hat die Übernahme auf Eis gelegt, bis ihm klar ist, wie viele Fake-Accounts es bei Twitter tatsächlich gibt. Er will dazu Stichproben vornehmen, hat aber wohl vergessen, dass dies geheim vereinbart wurde, weshalb die Twitter-Anwälte jetzt eiskalt gegen ihn ermitteln. Das Verhältnis der beiden Parteien dürfte daher durchaus als unterkühlt bezeichnet werden. Ich gehe weiter von einer Übernahme aus. Und bis die Kuh vom Eis ist, bieten sich bei Kursen unter 40 Dollar gute Einkaufsgelegenheiten, denn der Übernahmepreis liegt bei 54,20 US-Dollar. Selbst wenn der Übernahmepreis nochmal reduziert wird, ist das ein guter Puffer. Ich nutze diese Opportunität, bis das Eis gebrochen ist und rate allen Beteiligten, weiterhin cool zu bleiben. Kommen wir zu einem deutschen Unternehmen, welches es diese Woche eiskalt erwischt hat:
Eiskalt erwischt
Die Rede ist von der Allianz. Genauer gesagt von ihrer US-Fondstochter Allianz Global Investors US. Der Konzern bekennt sich des Betrugs bei US-Anlegern schuldig und leistet Schadensersatz in Höhe von 5,8 Mrd. US-Dollar. Wow, das erwischt auch die Allianz-Aktionäre eiskalt. Die deutsche Mutter agiert frei nach dem Motto: „Lieber Eis am Stiel, als Dreck am Stecken“ und trennt sich umgehend von ihrer US-Sparte. Schuld am Debakel ist die kriminelle Beratung von Hedgefondsinvestments bei Anlegern in der Coronakrise. Mit den Hedgefonds und den kriminellen Beratern, die teilweise vor Gericht stehen, will Allianz jetzt nichts mehr zu tun haben. Oder wie Zsa Zsa Gabor es formulieren würde: „Eine erloschene Leidenschaft ist kälter als Eis.“ In diesem Sinne hätte man in den USA ohnehin nicht mehr viel zu erwarten gehabt, da man für 10 Jahre von den wichtigsten Fondsservices ausgeschlossen wurde. Die US-Staatsanwaltschaft dagegen triumphiert: Eiskalt erwischt und eiskalt abserviert! Apropos:
Ganz dünnes Eis
Die weltweite Konjunktur und die weltweiten Börsen bewegen sich derzeit auf ganz dünnem Eis. Es droht zu brechen und damit für empfindlichen Schaden zu sorgen. Die EU-Kommission hat diese Woche die europäischen Wachstumsprognosen kassiert und von 4% auf 2,7% reduziert. Das Wirtschaftswachstum schmilzt dahin „like ice in the sunshine“ und die Zinsen wachsen zu einem Eisberg heran, der Kurs auf die Börsentitanic nimmt. Noch spielt die Musik an Bord, doch die Stimmung ist abgekühlt. Alles schaut jetzt auf die Kapellmeister der Notenbanken, mit welchem Stück sie die Stimmung wieder heben wollen. Ist es der Zinsblues mit Bilanzverkürzung in Moll oder doch wieder der Partykracher „Money makes the world go round“? Ich tendiere zu Ersterem und lege daher größere Neuinvestitionen an der Börse erst einmal auf Eis, bis sich die hitzige Lage etwas abgekühlt hat. Schließlich ist weder der Krieg noch die China-Covid-Strategie, geschweige denn die Inflations- und Lieferkettenproblematik gelöst. Von den anstehenden Hungersnöten und Migrationsbewegungen ist noch nicht einmal die Rede. Daher für das Wochenende die Flucht ins kleine Glück: Eisdiele. Aber vielleicht habe ich ja einfach nur einen an der Waffel?!
Ihr Volker Schilling
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Kommentare
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Freue mich sehr, dass es diese Woche wieder ein Greifbar gibt, vielen Dank! Du hast echt Talent, lese das immer sehr gerne!
Habe mir auch ein paar Twitter reingelegt, alleine der Unterhaltungsfaktor war’s mir wert 😀 So wie er sich in der Vergangenheit verhalten hat, glaube ich auch dass er weiterhin die Übernahme plant. Aktuell ein schönes Chance Risiko Verhältnis, da die Aktie auch etwas unabhängig vom Gesamtmarkt läuft 🙂
Faszinierend wie sehr sich die Musk Jünger von ihrem Messias leiten lassen.
Bitcoin: Musk jagt Kryptos durch Tweets in die Höhe. Später distanziert er sich von Kryptos mit Verweis auf den hohen Stromverbrauch. Das konnte man ja vorher nicht wissen…;-)
Twitter: Musk jagt Twitter in die Höhe. Später distanziert er sich mit Verweis auf die Fake Accounts. Auch das konnte man vorher nicht wissen…;-)
Finde den Fehler.
Na ja, ich bin weit davon entfernt ein Musk Jünger zu sein. Ich habe Ihn ja auch oft genug in der Greiffbar kritisiert. Wenngleich ich glaube, dass er es wahrscheinlich nicht liest 🙂 Ich halte deine Beobachtungen allerdings für zu schlicht. Auch einem Elon Musk ist nicht gedient, wenn er nur Vola erzeugt, die zu keinen Gewinnen führt. Das ganze würde nicht immer so polarisieren, wenn der Käufer eben nicht die illustre Figur Elon Musk wäre, sondern eine Beteiligungsgesellschaft wie Blackstone oder KKR. Warten wir es ab, was aus dem Twitter Deal wird. Oder wie Raimund sagen würde: Stay tuned.
@Volker: „Ich tendiere zu Ersterem und lege daher größere Neuinvestitionen an der Börse erst einmal auf Eis, bis“
Wenn ich mich recht entsinne, lese ich solche Zeilen das erste Mal von Dir.
Die Börsenentwicklung war ab November sowas von offensichtlich und vorhersehbar. Wenn die Notenbanken nicht mehr wie verrückt feuern, sondern das Gegenteil machen, sind die aktuellen Wirtschaftsnachrichten und die Börsenentwicklung eine logische Konsequenz.
Kostolany in Reinnatur. Börse ist kinderleicht.
Vgl. z.B. Kolumne v. 6.5.22….einfach mal lesen Michael. Sorry Volker wollte nicht vorgreifen
Hallo Michael,
da hast du etwas verpasst, ich bin seit geraumer Zeit sehr vorsichtig unterwegs und hab dies immer wieder auch in den letzten Wochenkommentaren thematisiert. So in der Greiffbar vom 6.5. oder auch am 8.4. unter der Überschrift „Aussteigen oder Einsteigen“ Kannst du ja alles hier auf dem Blog nochmal nachlesen. Und ich finde du hast recht, ich finde hinterher auch immer alles sehr offensichtlich und vorhersehbar.
@ Volker Schilling
Nun ja, wer Gazprom zu 9 Euro gewuerdigt hat …
Apropos Waffeleis …
“ … der Übernahmepreis liegt bei 54,20 US-Dollar … “
Welche Uebernahme ? –
Ich lege mich da fest.Es wird keine Uebernahme geben. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit und mit Sicherheit nicht von Musk.
Na, dann warten wir es doch mal ab. Davon lebt ja die Börse, dass es unterschiedliche Meinungen gibt.
So einfach kommt er wohl aus der Nummer auch nicht mehr raus. Da wurden wohl ja schon Verträge geschlossen mit mind. 1Mrd. Strafzahlung. Außerdem will doch von den Superreichen jeder früher oder später Medieneinfluss, siehe Bezos und co.
Also Charttechnik ist nicht so meine Welt. Deshalb mal ne Frage an die Experten. Könnte es sein, daß sich im S&P 500 u. im Dax eine untere Umkehrformation bildet?
Kurzfristig betrachtet, könnte man im S&P 500 eine umgekehrte Kopf-Schulter-Formation ausmachen:
Danke
Hhm. Der Dax sieht aber auch nicht schlecht aus. 18 Uhr