von Volker Schilling
Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?
- Wundertüte
- Chipstüte
- Knalltüte
Wundertüte
Die Börse ist eine Wundertüte. Wöchentlich verkünde ich derzeit neue Allzeithochs im DAX bei gleichzeitiger Verschlechterung der Wirtschaftslage in Deutschland. Der diese Woche vorgestellte Jahreswirtschaftsbericht zeigt nichts Gutes, so dass sogar Wundertütenminister Habeck inzwischen selbst zugeben muss, die „Zahlen sind nicht gut“. Und dies darf man noch als Euphemismus begreifen, denn die Schuld auch bei sich selbst zu suchen, kommt für den Minister gar nicht erst in die Tüte. Schuld sind die anderen Knalltüten, wie Finanzminister Lindner, die die Schuldenbremse nicht lockern wollen. Oder die Trantüten beim Bundesverfassungsgericht, die den schönen Plan der Umverpackung von Schulden in andere Sondertüten für verfassungswidrig erklärt haben. Das Wirtschaftsverständnis von Robert Habeck ist so undurchsichtig wie die Schultüte eines Erstklässlers. Aber das Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge scheint auf dem gleichen Niveau. Freuen wir uns also über die derzeitigen Börsenhochs im DAX, es könnten für längere Zeit die letzten sein, wenn es keine Veränderungen gibt. Die Vorschläge des Wirtschaftsministers sind aktuell leider nur Phrasen, wie sein schöner Begriff des „Reformboostern“. Aber wichtig ist nicht, was auf der Tüte steht, sondern deren Inhalt. Dass es auch anders geht, sehen wir diese Woche hier:
Chipstüte
In Japan knallen diese Woche die Korken und die Chipstüten werden aufgerissen. Der Nikkei Index hat nach mehr als 34 Jahren endlich wieder ein neues Allzeithoch erreicht. Das letzte stammte vom 29.12.1989! Wenn es um Börsengewinne ging, haben die japanischen Anleger seit Jahrzehnten nur eine Tüte Mitleid erhalten. Jetzt ist es soweit, die japanische Wirtschaft entfesselt sich und den Markt. Jahrelang wurden Investitionen in japanische Aktien wie die ungeliebte Spucktüte im Flieger behandelt und am besten nicht angefasst. Seit einem Jahr aber tüten die Investoren um und packen ihre Tüten voll mit japanischen Unternehmen. Und auch in den USA ist diese Woche die beliebteste Einkaufstüte voll mit Chips. Und zwar mit Chips von Nvidia. Die sind so beliebt, dass das Unternehmen den Gewinn je Aktie um sage und schreibe 765 % steigern konnte. Die Aktionäre reißen die Konfettitüten auf und feiern mit kräftigen Kursgewinnen neue Höchststände. Und Nvidia hatte in seinem Quartalsbericht auch noch eine Geschenktüte dabei: Die Aussichten für das erste Quartal liegen ebenfalls deutlich über den Erwartungen. Ich würde sagen, hier wurde alles eingetütet, was ging.
Knalltüte
Die Knalltüte der Woche ist sicherlich für einige der Bayer CEO Bill Anderson, der diese Woche nicht nur kurzerhand die Dividende des Unternehmens aufs Minimum zusammenstrich, sondern auch bei seiner Belegschaft durch den angekündigten Stellenabbau eher Tütensuppe statt prall gefüllter Eistüten in Aussicht stellt. Ich sage aber: Endlich greift hier jemand durch und tüdelt nicht weiter rum. Der unsägliche Monsanto-Kauf war und ist eben kein Tüdelkram. Die Kursentwicklung übrigens auch nicht, auch wenn die meisten Aktionäre inzwischen der Mut verlassen hat. Ich finde Bill Anderson setzt hier endlich ein erstes gutes Zeichen. Man könnte überlegen, auf diesem Niveau wieder einzusteigen. Apropos einsteigen: Ich steige jetzt in mein Fliewatüüt und mache mich auf den Weg ins Wochenende. Sie lesen von mir in der nächsten Woche.
Ihr Volker Schilling
Weitere Greiffbar-Ausgaben lesen
Mein Short auf Nvidia ist 20% im Minus, ich lass ihn aber liegen, ist eh nur eine Mini-Position.
Bayer kaufe ich noch nicht nach… warte erst auf die konkreten Darstellungen was Bill vorhat. Die Streichung der Divi finde ich sogar vollkommen richtig. Die Bilanz muss endlich angegangen werden und dann kommt mit weiter positiven Nachrichten in den nächsten Jahren auch das Vertrauen zurück.
Mit welchen Produkten, Andreas?
Wie viele Jahre dauert es, bis die Bilanz ansehnlicher wird?
Was heißt es für künftige Einnahmen, wenn Bereiche verkauft werden müssen?
Michael, weiß nicht genau, was du auf Produkte beziehst bzw. damit meinst…
Nvidia ein Short-Zertifikat mit Hebel 1,2… also es haut mich nicht gleich raus und auch nur eine Mini-Position…
Mit Bayer hatte ich einen höheren Hebel und letztlich Totalverlust… jetzt habe ich nur die Aktie und habe Zeit…
Bzgl. Hebel und Zertifikate ganz allgemein… ich habe ja ein Short-Zertifikat irgendwie mit 2-3 Hebel auf Varta… damals sagte mir hier Raimund „pass auf, auch wenn alles dafür spricht, dass du auf der richtigen Seite bist, kann es auch anders laufen“ … diese Erfahrung habe ich machen müssen. Ich war fast 50 % im Plus, dachte aber da geht noch mehr… nur die Aktie lief anders, viel schlimmer ist aber, dass ich nur durch die Schwankungen eingebüßt habe… hätte ich ein Short-Zertifikat ohne Hebel, wäre ich jetzt bei dem Kursverlauf klar wieder im Plus… so bin ich aber noch trotz des fallenden Kurses in letzter Zeit immer noch knapp 40% im Minus… ich behalte es weiter, weil ich immer noch glaube, Varta schafft es nicht oder nur mit einer Mega-Kapitalerhöhung um die Bilanz zu sanieren, jetzt der Hackerangriff… auf die Zahlen und den Ausblick für 2024 bin ich gespannt… die Bilanz ist zu schlecht und Varta wird unterm Strich dieses Jahr wieder rote Zahlen schreiben… noch haben sie für mich bei keinem Produkt so eine Marktstellung, dass sie nicht angreifbar wären…
Kurz um, ich habe meine Lektion und Erfahrung mit gehebelten Zertifikaten gelernt und agiere hier zukünftig anders, wenn ich noch mal Zertifikate einsetze… sicher wird es hier und da in den Fingern mal wieder jucken.
Noch zu Bayer… ja natürlich gibt es noch Risiken, aber ich vertraue erstmal darauf, dass Bill Anderson einen guten Job macht. Für mich ein Zeichen für einen Boden, die Aktie hat auf den Dividendenverzicht für drei Jahre kaum mehr negativ reagiert. Die Aktien, die ich von Bayer habe, behalte ich und aus Sicht von 2-3 Jahren traue ich der Aktie auch 50 € zumindest wieder zu, wenn es positive Nachrichten gibt… in meinen Augen kann man gewaltige Summen bei Bayer in der Struktur einsparen… ich sage nur 12 Management-Ebenen zwischen dem CEO und dem „einfachen“ Angestellten… schon allein das ist Irrsinn. Man müsste Baumann persönlich haftbar machen und auch den Aufsichtsrat gleich mit… bei Bayer wurden gravierende Managmentfehler gemacht, aber es nützt jetzt nichts mehr, der Blick muss nach vorn gehen. Erstmal glaube ich das Bill die richtigen Schritte einleitet und das wird auch die Börse anerkennen, wenn die ersten Erfolge sichtbar werden… mit unter 2% Depotwert und ein EK von 32 € halte ich nun das Bayer-Risiko für mich für überschaubar.