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Greiffbar – Börsenwetterbericht: Zinslawine und Twittergewitter

4. November 2022
Volker Schilling
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von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Zinslawine

Willkommen zum wöchentlichen Börsenwetterbericht aus unserem Studio in Freiburg. Beginnen wir mit einem Blick auf die Karte. Dort zieht von Westen ein Hochdruckgebiet mit Namen FED bei den Zinsen auf. Diese erreichen zwischenzeitlich über dem amerikanischen Kontinent Werte von 3,75 bis 4%. Damit bildet sich eine inverse Wetterlage bei den US-Zinsen aus, da die einjährigen mit 4,7% höher liegen als die 10-jährigen US-Bonds mit 4,15%. Konsequenterweise führt ein derartiges Hochdruckgebiet bei den Zinsen zu einem Tief an den Börsen und einer Rezession in der Wirtschaft. Dort hatte sich aber erst kürzlich die frostige Stimmung aufgelockert, da der erwartete Sturm bisher ausblieb. Der Ausblick bis Jahresende daher erst einmal heiter bis wolkig. Anders bei den Werten aus dem Technologiesektor. Dort hat die Schlechtwetterfront nicht nur die aktuellen Zahlen verhagelt, sondern auch vielerorts Nebel über den weiteren Ausblick gelegt. Wer sich als Investor diesen eisigen Bedingungen aktuell aussetzt, der sollte sich warm anziehen, denn es bleibt unbeständig und vereinzelt droht Niederschlag. Kommen wir von den Herbststürmen zum Winterwetter:

Winterschlaf

Die Kaltfront über Europa blieb bisher aus. Um das Heizklima dennoch zu verbessern und dem kommenden Nachtfrost zu begegnen, haben die Regierungsaktivisten zahlreiche Maßnahmen beschlossen. Unter der Führung von Olaf dem Schneemann, sollen die Gas- und Strompreisbremsen über Deutschland einen ruhigen Winterschlaf garantieren. So richtig diese Maßnahmen auch sein mögen, um die deutsche Wirtschaft nicht in eine Eiszeit zu schicken – dennoch muss klar sein, dass die politischen Akteure keine Eisheiligen sind. Die Milliarden, die wie Pulverschnee herabrieseln, werden zum ewigen Eis eines Schuldenberges, der ständig Neuschnee erfährt. Dabei reichen die Gelder gerade einmal aus, um irgendwie über den nächsten Winter zu kommen oder durch den Monsun des Energietsunamis. Wie ein Blitzableiter soll die Politik dabei alles und jeden retten. Dabei gilt in Wirtschafts-, Energie-, Abhängigkeits- und Geldfragen das gleiche Prinzip: Wer streut, rutscht nicht aus. Das kennen alle vom Winter und das gilt für die Geldanlage ebenso wie für die Abhängigkeit von anderen Staaten und Systemen. Das heißt nicht, dass wir eine neue Eiszeit im globalen Handel brauchen, sondern vielmehr Tauwetter im moralischen Hagel über andere Klimazonen.

Twittergewitter

Nach der Twitterübernahme durch Elon Musk hat der Blitz in der Führungsetage des Unternehmens kräftig eingeschlagen. Es kracht ordentlich im Konzern und nicht nur in der Unternehmensspitze. Auf der nach oben offenen Elon-Skala stehen 3700 Mitarbeiter zur Disposition. Der Kugelblitz der Disruption will Twitter von Fake- Accounts befreien, gesperrte Konten überprüfen und Gebühren für Benutzer einführen. Man kann sich vorstellen, dass der Sturm ordentlich durchs Unternehmen bläst. Den Twitteraktionären gefällt der frische Wind und über dem Kurs hat sich ein neues Hochdruckgebiet breitgemacht. Warten wir mal ab, ob es sich um ein reinigendes Gewitter oder um künftigen Dauerregen handelt. Übrigens auch beim deutschen Techkonzern Teamviewer haben sich diese Wochen die Wolken gelichtet. Ganz nach der alten Bauerregel: Ist Umsatz und Gewinn stark und fein, so könnt der Kurs ein Durchbruch sein. In diesem Sinne schließt sich der Kreis aus Börse und Wetter: Für beides gibt es Prognosen und Vorhersagen, die oft darin münden, dass man bei größtem Regen ohne Schirm dasteht.

Ihr Volker Schilling

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Kommentare

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  • Andreas B sagt:

    Muss mal jetzt den Beitrag misbrauchen…

    Ich habe gerade bei n-tv im Laufband die Meldung gelesen „FED warnt vor geringer Liquidität bei Staatsanleihen“…

    @Raimund, da du heute an der Quelle sitzt ;), kannst du dazu etwas sagen?

    Ist das schon das Zeichen, dass die FED bald umkippt und z.B. die Bilanzreduktion ab Januar stoppen könnte, um dem Markt nicht noch mehr Liquidität zu entziehen… die USA haben doch schon angekündigt, Staatsanleihen zu kaufen…

    Merkt man nun schon nach nicht mal drei Monaten Liquiditätsentzug, dass die Zahnpasta nicht in die Tube wieder will und kann…

    Das könnte dann aber heißen, dass wir wenn die Rezession in 2023 nicht zu stark wird (und in Teilen ja eingepreist), dass wir die Tiefs des Bärenmarktes doch schon gesehen haben könnten…

    • Raimund Brichta sagt:

      Das könnte tatsächlich eine verbale Vorbereitung dafür sein, den Bilanzabbau zu stoppen. Nur komisch, dass die Fed-Leute davon überrascht scheinen. Wenn ich Geld verknappe, brauche ich mich doch nicht zu wundern, dass Liquidität (sprich Geld) knapper wird. Das ist die logische Folge davon.

      Es könnte also sein, dass die Notenbank den Bilanzabbau stoppt, aber gleichzeitig die Zinsen erst mal oben lässt, um den Eindruck zu erwecken, dass sie weiter hart gegen die Inflation kämpft.

      So schnell rechne ich damit aber nicht. Entweder muss der Leidensdruck noch wachsen mit einem Unfall wie in England, oder die Wall-Street-Lobbyisten müssten ihren Druck auf die Fed verstärken (oder beides). Letztere sind jedenfalls schon dabei, der Fed vorzuwerfen, dass sie die Zeichen nicht erkenne, die vom Anleihemarkt ausgingen.

      Ich bin mal so frech, auch hierzu den entsprechenden Artikel von DJN reinzukopieren. Interessant ist darin, dass der Bilanzabbau mit keinem Wort erwähnt wird. Nur die Zinsen werden thematisiert. Die Bilanzproblematik spielt sich nach wie vor unterm Radar der Öffentlichkeit ab. Vermutlich, weil sie kaum jemand versteht.

      Hier der Artikel von DJN:

      FED WARNT VOR GERINGERER LIQUIDITÄT IM HANDEL MIT STAATSANLEIHEN
      06.11.22, 07:39
      Von Joy Wiltermuth

      FRANKFURT (Dow Jones)–Die US-Notenbank hat am Freitag bestätigt, was viele Anleger schon seit einiger Zeit beobachten: Der 24 Billionen US-Dollar schwere Markt für Staatsanleihen hat in den letzten Monaten eine geringe Marktliquidität erfahren.

      Die Zentralbank hat die Zinssätze seit März rasch erhöht, um die Inflation von einem 40-Jahres-Hoch zu senken. Die Hoffnung war, dass solche Schritte die Verbrauchernachfrage ausreichend abkühlen können, um die Preise zu zähmen, ohne die Wirtschaft in eine schmerzhafte Rezession zu stürzen oder eine Finanzkrise auszulösen.

      Doch seit Mai zeigen sich Risse in der Liquidität von Schatzanleihen, dem größten und tiefsten Teil des US-Anleihemarktes, da sowohl der Zinssatz für 2-jährige als auch für 10-jährige Schatzanleihen auf über 4 Prozent gestiegen ist, so hoch wie zuletzt um 2008.

      Die Liquidität des Marktes für Staatsanleihen sei unter den historischen Normen geblieben, so die Fed in ihrem jüngsten Bericht zur Finanzstabilität. „Geringe Liquidität verstärkt die Volatilität von Vermögenspreisen und kann letztlich das Funktionieren des Marktes beeinträchtigen.

      Liquiditätsprobleme „könnten auch die Finanzierungsrisiken für Finanzintermediäre erhöhen, die auf marktgängige Wertpapiere als Sicherheiten angewiesen sind“, heißt es in dem Bericht, der gleichzeitig auf potenzielle Ausstrahlungseffekte hinweist, die die Risiken für die Finanzstabilität erheblich erhöhen könnten. Wichtig sei, dass die Marktteilnehmer dem Bericht zufolge ihren Nachschussverpflichtungen bis heute nachgekommen sind.

      • Peter Czeck sagt:

        Es ist wie fast überall…. gesucht wird der beste Eiertänzer. So auch bei der FED. Mr. Powell u. Kollegen sind m.E. durchaus talentiert. Ohne tänzerische u. schauspielerische Begabung der Notenbanker kämen wir dem Absturz sehr schnell näher.