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Greiffbar – Investments zum Anfassen

18. März 2022
Volker Schilling
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von Volker Schilling

von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Hilfreich oder Hilfe, es reicht

Es ist soweit, die US-Notenbank kam diese Woche den Sparern und Konsumenten zu Hilfe und beschloss die erste Zinserhöhung seit 2018 in Höhe von 0,25%, um die galoppierende Inflation zu bekämpfen. Ja, das Signal ist hilfreich, denn es signalisiert jetzt auch den Skeptikern von Zinserhöhungen, dass wir in ein neues Finanzmarktregime eingetreten sind. Und sechs weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr in den USA sind damit sehr wahrscheinlich geworden. Und wenn Sie jetzt denken, das werden die ohnehin nicht durchziehen, dem sage ich: Hilfe, das reicht nicht! Je länger jetzt aufgeschoben wird, desto länger wird uns die hohe Inflation begleiten. Die Zweitrundeneffekte bei Löhnen und erneuten Lieferkettenunterbrechungen haben schon begonnen. Die Lebensmittelpreise werden deutlich anziehen, Mietpreise weiter steigen und die Notenbanken werden beginnen, neben Zinsanpassungen auch wieder die Bilanzen zu verkürzen. Glauben Sie nicht? Ich schon. Denn aus meiner Sicht ist die FED, aber vor allem die EZB, weit hinter der Kurve. Hier wird gerade im Namen der Flexibilität nur reagiert und nicht agiert. Werfen Sie einmal einen Blick auf die Entstehung der Inflation in den Siebzigern. Sie werden ähnliche Argumentationsketten finden wie damals, um alles erst einmal laufen zu lassen. Bis der damalige US Notenbankchef Paul Volcker dem Ganzen ein radikales Ende gesetzt hat. Und was machen Sie jetzt aus dem Wissen:

Time in the market or timing the market

Ich habe es bereits in der letzten Ausgabe geschrieben: Alle, die in solchen volatilen Zeiten versuchen, die besten Ein- oder Ausstiegspunkte zu suchen, werden scheitern. Die stärksten Anstiege an den Börsen erfolgen häufig nach sehr schwachen Tagen. Hin und her macht Taschen leer lautet das geflügelte Bonmot. Aber nicht wegen der häufig zitierten Transaktionskosten, sondern wegen der verpassten Tage. Mein Rat: Vergleichen Sie die Marktschwankungen mit den Schwankungen des eigenen Depots. Gibt es an schwachen Tagen stärkere Rückgänge bei Ihren Anlagen als beim Marktgeschehen, dann sind Sie vielleicht zu aggressiv aufgestellt. Sie sollten sich dann fragen, ob dies Ihrer Risikoneigung entspricht!? Wenn Sie das mit Ja beantworten können, dann ist alles ok. Wenn sie jetzt noch monatlich zusätzlich sparen, dann ist es noch besser. Im Markt investiert und diversifiziert zu sein, innerhalb der eigenen Komfortzone des Risikos, wird am Ende des Tages mehr Rendite bringen, als ein hektischer, emotionsgetriebener Timing-Versuch, die jeweiligen Höchst- oder Tiefstkurse zu erwischen. Mit anderen Worten: Time in the market beats timing the market. Und wer macht dies wieder einmal eindrucksvoll vor? Investorenlegende Warren Buffett, dessen Unternehmen Berkshire Hathaway mit 11% Plus im laufenden Jahr auf einem neuen Allzeithoch steht. Apropos Höchststand:

Tankstelle oder „Nein Tanke“

Ich weiß aktuell nicht, ob ich mich für manche Mitmenschen eher schämen oder aufregen soll. Während Menschen unter Bombenhagel sterben oder ohne Hab und Gut auf der Flucht sind, erzürnt sich der Deutsche gerne an der Tankstelle. Peinliche Videos von Politikern oder pauschale Schelte am Staat oder den Mineralölkonzernen. Dabei spiegeln die aktuellen Preise ohnehin nur das wider, was unvermeidlich auf uns zukommen wird, wenn wir es mit der Klimarettung ernst meinen. Leider viel Heuchelei bei der Druckbetankung über die sozialen Medien. „Nein Tanke“, das wäre mal ein Slogan. Der erfordert aber zu viel Courage. Ich verstehe, dass dies für geringe Einkommen und da, wo man auf das Auto angewiesen ist, ein Problem darstellt. Wenn ich allerdings Menschen, die gut situiert, mit mehrfachen Urlauben im Jahr und Drittwägen in der Einfahrt jammern höre, da fehlt mir jegliches Verständnis. Ich tanke für Ihre Aufmerksamkeit.

Ihr Volker Schilling

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Kommentare

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  • Peter Czeck sagt:

    „sechs weitere Zinserhöhungen… (USA) wahrscheinlich“. Ja kann gut sein; die Begründungen leuchten mir ein. Ob Europa u. die EZB sich das auch leisten können? M E. wohl eher nicht… Rezession droht. Könnte den Dollar stärken. Hhm. wenn die negative Realverzinsung in der EU höher ist als in USA wäre das evtl. ein Pluspunkt f. einige europäische Aktien? Japan bleibt wohl bei seiner bisherigen Geldpolitik. Gut f. japanische Aktien? Was ist mit den emerging markets, wenn dort Gelder abgezogen u. nach USA transferiert werden….Risiko? Sorry ich habe keine Antwort auf diese Fragen und keine Ahnung wie sich die Märkte 2022 entwickeln werden. Solange die negativen Realzinsen bleiben, halte ich weiter. Manche rechnen ja sogar mit einem „Offenbarungseid“ der Notenbanken….Paul Volcker hat ja als Rezessionsverursacher seinerzeit u. heute rückblickend wenig Beifall erhalten… vielleicht alles ein wenig wie in dem Märchen v. des Kaisers neuen Kleidern?

  • Aries Eeberg sagt:

    Übrigens: Dr. Copper ist nicht wild nach oben davongerauscht, sondern verfolgt weiter in Auf- und Abschwüngen seinen langfristigen Aufwärtstrend. Das sollte doch gegenwärtig etwas beruhigen und zu time in the market ermutigen.
    (Schade, dass man jetzt keine Charts zeigen kann.)

  • Peter Czeck sagt:

    Noch ein Nachtrag zu Paul Volcker: Lt .Robert Halver in seiner neuesten Kolumne lag der reale Leitzins damals in USA bei PLUS 9,5% heute bei MINUS 7,6% = Zinserhöhungserfordernis, falls Powell mit …Volcker gleichziehen will 17,1%……oha. Da sind die aktuell angekündigten Zinsschritte Powell eher Zwergenschritte….da wage ich doch die Prognose: Powell kann Volcker nicht einholen Glück auf

  • Andreas B sagt:

    Deswegen in den nächsten Monaten, wenn nicht sogar 1-2 Jahren zwar immer investiert sein, gut verteilt, vielleicht 20 Prozent Gold und Aktienquote mindestens bei 40 Prozent… der Rest ist schwankend Cash, je nach Marktlage, kurzfristig agieren und halt auch mal 10 Prozent Gewinn einfach schon mitnehmen… ich denke, satte Gewinne insgesamt im Markt sind die nächten 1-2 Jahre erstmal nicht zu erwarten.

    Es sind momentan so viele Unwägbarkeiten, dass man nur kurzfristig auf Sicht teils agieren kann… Unternehmen wie Bayer sehe ich aber auf dem Kursniveau mittelfristig… auch Alibaba bei dem aktuellen Kurs. Andere Unternehmen wie Mutares oder KlöCo kurzfristig bis mittelfristig, je nach Newslage und Kursentwicklung… Langweiler wie Pfandbriefbank als sehr guten Dividendenwert… oder kleine Smalcap mit interessanter Story wie Cliq digital.

    Also streuen, verschiedenste Branchen, variable Cashquote, manchmal halt auch nur kurzfristig agieren… so versuche ich durch die nächten 1-2 Börsenjahre zu navigieren… der deutlich negative Realzins sollte die Börse ingesamt weiter stützen… und es macht doch auch Spaß, wenn es etwas zu tun gibt… grins.

  • Raimund Brichta sagt:

    Spätestens im April wird letzteres wieder möglich sein. Bis dahin könnt Ihr mir Charts per E-Mail schicken, und ich baue sie dann in Eure Kommentare ein.

  • Michael sagt:

    An Volkers Kolumne gefällt mir besonders dieser Absatz:
    „Wenn ich allerdings Menschen, die gut situiert, mit mehrfachen Urlauben im Jahr und Drittwägen in der Einfahrt jammern höre, da fehlt mir jegliches Verständnis.“

    Im Nachbarthread habe ich heute auf den weltweiten Ausbau der Atomkraft hingewiesen – die neuen Meiler werden Jahrzehnte laufen:
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157767/umfrage/anzahl-der-geplanten-atomkraftwerke-in-verschiedenen-laendern/
    Günstige Energie für die Menschen und Industrie ist elementar!

    Was die Börse betrifft: Faktor Geld wird sukzessive negativ. Das Kapital schwappt volatil in den Gegenden herum. Chinaaktien sind ein aktuelles Beispiel hierfür.

  • Volker Schilling sagt:

    Jay Powell scheint seinen inneren Volcker gefunden zu haben! Er äußerte sich auf der NABE Pressekonferenz klar hawkish und öffnet die Tür Richtung eines 50bp Hike bei den nächsten Fed-Treffen im Mai und Juni => die Fed-Fund Futures preisen eine Wahrscheinlichkeit von 71% für einen Doppel-Schritt im Mai, 53% im Juni und 44% im Juli…
    Daher gestern massive Bewegungen nach oben an den Zinsmärkten: 2y bei 2.18% / 10y bei 2.33% => die Kurve ist flach wie eine Pfannkuchen und das Thema Inversion und Rezessions-Signal wird damit für die nächsten Monate deutlich relevanter werden. Ich bin gespannt.