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Greiffbar – Grenzerfahrung

13. Oktober 2023
Volker Schilling
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von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Grenzen

Mir fällt es schwer, einen unterhaltsamen Wochenrückblick zu schreiben angesichts der grausamen Bilder, die uns von der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen erreichen. Wo ist die Grenze, an der man Humor noch benutzen darf, um Unmenschlichkeit zu kommentieren? Humor ist das Loch, aus dem die Wahrheit pfeift, heißt es. Doch bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man einen Blick auf die weltweiten Konflikte an vielen Grenzen wirft. Stoßen wir womöglich an die Grenzen unseres Zusammenlebens mit über 8 Milliarden Menschen und endlichen Ressourcen? Ist es letztlich der Kampf um Lebensraum und Zugang zu diesen Ressourcen? Wir sollten deshalb unseren Blick auf die Grenzen nicht verlieren, die ebenfalls fragil sind, denn unsichere Zeiten bieten Aggressoren jeglicher Couleur die Versuchung, die Grenzerfahrungen anderer zu nutzen, um ebenfalls loszuschlagen. Ob im Kososvo oder in Taiwan, in Äthiopien oder Jemen, in Myanmar oder Mali, die Liste ließe sich noch weiter führen, doch alles hat seine Grenzen.

Grenznutzen

Eine ganz andere Grenzerfahrung durchleben gerade die Notenbanken. So musste die US-Notenbank FED diese Woche wieder erfahren, dass ihre Bemühungen, die Inflation unter 2 Prozent zu bekommen, wohl doch länger dauern werden. Mit 3,7 Prozent wurde wieder eine leicht höhere Inflation gemeldet, als von Analysten erwartet. Und angesichts der steigenden Energie-, Miet- und Nahrungsmittelpreise ist mir nicht ganz klar, ob wir in den kommenden Monaten wirklich weiter fallende Inflationszahlen sehen werden. Die Notenbanken in Europa und den USA daher in einem klassischen Optimierungsdilemma. Wo ist der Punkt erreicht, an dem der Grenzschaden von Zinserhöhungen auf die Wirtschaft größer ist als der Grenznutzen zur Bekämpfung der Inflation? Die ersten Kollateralschäden machen sich bemerkbar. Die Insolvenzzahlen steigen, die Immobilienmärkte brechen ein und die Zinslast der Staatsschulden beschränken die Handlungsspielräume. Noch ist allerdings der Arbeitsmarkt robust und die Konjunktur noch am Leben, auch wenn Deutschland längst in der Rezession steckt. Die USA dagegen ersetzen die fehlende Liquidität der Geldpolitik durch gigantische Fiskalmaßnahmen der Regierung und hoffen damit auf ein grenzenloses Wachstum, mit der Konsequenz von ausufernden Grenzkosten des Staatsdefizites.

Grenzgänger

Die deutschen Politiker dagegen beschäftigen sich derzeit weniger mit der Konjunktur, sondern vielmehr mit den unliebsamen Grenzgängern, die man nicht im Lande haben möchte. Der parteiübergreifende Migrationsgipfel startet Ende dieser Woche. Immer öfter werden dabei die Politiker selbst zu Grenzgängern populistischer Aussagen. Aber es ist nicht meine Aufgabe grenzdebile Äußerungen zu kommentieren, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass wir in der aktuellen Diskussion natürlich die Fehlentwicklungen schleunigst beheben müssen. Aber genauso schnell müssen wir endlich die Fachkräfte-Immigration befeuern. Wo sind die Ergebnisse des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes? Unternehmen, die dringend Hilfe brauchen, stoßen an ihre Grenzen. Auch ich werde mich ab morgen über einige Grenzen hinwegbewegen und für zwei Wochen im Ausland verweilen. Sie lesen deshalb erst wieder in drei Wochen von mir, dann sicherlich mit einigen Grenzerfahrungen, die ich auf meiner Reise erleben werde. Bis dahin, bleiben Sie gesund.

Ihr Volker Schilling

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Kommentare

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  • Michael sagt:

    1) Wir sind Zeitzeugen der Bildung einer neuen Weltordnung. Das sind brutale Zeiten mit Krieg und Verderben!

    2) das weltoffene und liberale Australien hat sein Flüchtlingsproblem (Bootsflüchtlinge) vor ca 20 Jahren konsequent gelöst

    3) kompetente Fachkräfte gehen dahin, wo sie am meisten verdienen und die Lebensqualität am höchsten ist.
    Ergo müsste Deutschland die Steuern senken und die ausufernde Kriminalität eliminieren. Tut es aber nicht, deshalb steigt Deutschland sukzessive ab.

    4) die Automatisierung sorgt dafür, dass WENIGER Arbeiter benötigt werden. Sagt nur fast keiner.

    5) der Wunsch nach weniger Wirtschaftswachstum und weniger CO2-Ausstoß – ergo Produktion in Deutschland – sorgt dafür, dass WENIGER Arbeitnehmer benötigt werden. Sagt nur fast niemand.

    6) kennt sich jmd mit dem US-Arbeitsmarkt aus? Steigt dort die Anzahl der Jobs, weil die Industrie boomt, oder weil die Menschen Zweit- und Drittjobs annehmen müssen, um ihre Rechnungen zu bezahlen

    7) was passiert, wenn die USA ihre Neuverschuldung reduzieren müssen?

    Viel Spaß beim Reisen, Volker.
    Grüße aus Malle. Malle ist nur einmal im Jahr!

  • Michael sagt:

    Geht das Geld aus?

    https://tradingeconomics.com/united-states/net-saving-as-a-percentage-of-gross-national-income-fed-data.html

    Unverständlich bei all den hervorragenden US-Jobdaten…

  • Michael sagt:

    Realsatire vom Kinderbuchautor und „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck:

    1) Habeck will nun auf einmal die deutsche Industrie retten – nachdem er mitsamt seinen Grünen Fanatikern deren Fundament angesägt hat

    2) Er möchte hierfür Schulden anhäufen.

    Grandiose Strategie, Herr Habeck: erst zerstören, dann schuldenfinanziert „wiederaufbauen“.

    Ein Konjunkturprogramm für Banken und ausländische Investoren. Viele Verlierer, wenige Gewinner.

    On top möchte Herr Habeck die zukünftigen Rentner – also euch 😉 – arbeiten lassen:

    https://www.businessinsider.de/wirtschaft/rente-und-arbeiten-habecks-plan-fuer-bis-zu-10-000-euro-praemie/

    Interessant an diesem Artikel ist, wie der Autor den Habeck-Zirkus positiv formuliert und positiv verkaufen möchte – worauf manch Leser reinfallen dürfte. Achtet mal darauf!

    Eigentlich müsste der Autor kritische Fragen stellen:

    a) wie kann es sein, dass viele deutsche Arbeitnehmer mit Eintritt des gesetzlichen Rentenalters so wenig Vermögen besitzen, dass sie möglichst bis zum Tod buckeln sollen?

    b) haben wir tatsächlich einen Fachkräftemangel? Und falls ja, warum?

    Wie ich schon mehrfach betone: der Abstieg Deutschlands ist unwiderruflich. Probleme werden nicht klar benannt und gelöst, sondern es wird nur noch schlimmer gemacht.

    So dumm und fahrlässig ist keine andere Wirtschaftsnation…