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Greiffbar – Duell

13. September 2024
Volker Schilling
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von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Duellant

Die Duellanten der Woche sind Kamala Harris und Donald Trump. Der ritualisierte TV-Zweikampf der US-Präsidentschaftskandidaten ist dabei weniger eine Ehrbezeugung als eine Ehrbeschmutzung. Inzwischen gleicht die Show mehr einer Reality Soap als einer inhaltlichen Auslotung von Positionen. Mehrwert damit gleich Null. Es handelt sich nur noch um eine amüsante Auseinandersetzung um essbare Haustiere oder Beliebtheitspunkte bei Autokraten. Früher waren Duelle noch Ehrensache und man parierte die Attacken des Gegners kunstvoll. Heute dagegen gehen die Duellanten beide angeschossen aus dem Zusammentreffen hervor. Die Börsen sehen die Kontrahenten bisher gelassen und orientieren sich in dieser Hinsicht an den sprichwörtlich kurzen Beinen. Wichtiger als die Duellanten der Politik sind momentan die Adjutanten aus der Wirtschaft:

Adjutant

Die Adjutanten einer verheißungsvollen Wirtschaftsentwicklung sind die weltweiten Notenbanker. Während die europäische Notenbank mit ihrer Adjutantin Christine Lagarde diese Woche erneut die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt gesenkt hat, spekulieren die Adjutantenprognostiker, ob US-Notenbankchef Jerome Powell nächste Woche die Zinsen ebenfalls um 0,25 % senkt oder gleich zu einem Zinsschritt von 0,5 % greift. Und noch während die Hilfsadjutanten grübeln, meldet die US-Statistik die aktuelle Inflation bei 2,5 %. Damit wäre die Tür auch für eine größere Zinssenkung offen, wäre da nicht die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel), die weiterhin auf 3,2 % verharrt und damit dem Chefadlatus der US-Notenbank geradezu verbietet zu euphorisch an die Senkung heranzugehen. Ich bleibe dabei, es wird nächste Woche die erste Zinssenkung in den USA seit 2019 geben, aber nur um 0,25 %.  Alles andere würde nicht helfen die Inflation weiter zu bekämpfen und gleichzeitig die Wirtschaft zu unterstützen. Schließlich kommt der Begriff des Adjutanten vom lateinischen adjuvare, was so viel wie helfen oder unterstützen bedeutet. Ein lateinisches Synonym wäre das Verb secundare, was so viel wie „begünstigen“ bedeutet. Das Partizip heißt secundans und findet sich im deutschen Wort Sekundant wieder:

Sekundant

Normalerweise achtet der Sekundant darauf seinen Duellanten zu unterstützen und dass die Regeln eingehalten werden. Auch an der Börse sind diese Woche Sekundanten gefragt, denn zwei deutsche DAX Unternehmen scheinen sich in ein Übernahmeduell zu begeben. Letzte Woche habe ich darüber berichtet, dass sich der deutsche Staat von seinem Aktienpaket an der Commerzbank trennt. Zur Seite sprang ihm der Sekundant Unicredit, die sich damit still und heimlich fast 10 % an der Commerzbank gesichert hat. Beleg- und Gewerkschaft warnen vor einer Übernahme, die Aktionäre hingegen freuen sich über unerwartete Kurssprünge. Da noch kein Schuss im Duell gefallen ist, gibt es noch keinen klaren Ausgang, aber ich wage die Prognose, dass der Kurs der Commerzbank Aktie weiter anziehen wird. Ebenso bei Covestro, die nach Berichten des Sekundanten Financial Times von der Abu Dhabi National Oil Company, kurz Adnoc, umworben werden. Ein Übernahmeangebot in Höhe von 14,4 Mrd. Euro steht im Raum. Dies würde einen Kurs von weit über 60 Euro rechtfertigen. Das sollte nicht nur die bestehenden Aktionäre freuen, sondern beim aktuellen Kurs auch noch weitere Investitionen rechtfertigen. Und auch die Deutsche Bahn trennt sich von ihrem lukrativsten Teil, der DB Schenker. Der dänische Logistiker DSV ist der neue Sekundant. Klingt insgesamt nach einem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft. Jetzt rächt sich, dass deutsche Unternehmen viel zu billig gehandelt werden. Wie die Duelle auch ausgehen mögen, am Ende verschwindet meist einer der Duellanten von der Bildfläche und die Adjutanten und Sekundaten räumen auf. Ich räume jetzt zumindest für diese Woche das Feld.

 

Ihr Volker Schilling

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Kommentare

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  • Michael sagt:

    „Jetzt rächt sich, dass deutsche Unternehmen viel zu billig gehandelt werden.“

    Zu billig nicht, sondern zum korrekten Marktwert.

    Im übrigen ist das eine der Konsequenzen des unwiderruflichen wirtschaftlichen (und sozialen) Abstieg Deutschlands:

    Die Filetstücke der deutschen Wirtschaft werden an Investoren verscherbelt. Sukzessive, Stück für Stück, bis fast nichts mehr da ist.

    Staatsbeteiligungen – auch als Volksvermögen bezeichnet – müssen verscherbelt werden, um Haushaltslöcher zu stopfen…für all die wichtigen „Zukunftsinvestitionen“ und Kosten für Krieg und illegale Migration.

    Andere Länder bauen ihre Staatsfonds mit neuen Unternehmensbeteiligungen aus, kassieren Dividende und sorgen für ein schönes Leben ihrer Bürger.

    Glückwunsch an die Vereinigten Arabischen Emirate! „The winner takes it all, the loser’s standing small…“

    • Andreas B sagt:

      Michael, die Gedanken kann ich nachvollziehen… viele deutsche Titel sind aber unterbewertet und nicht korrekt bewertet, deswegen greifen ja ausländische Konzerne nun zu.

  • Andreas B sagt:

    „Ebenso bei Covestro, die nach Berichten des Sekundanten Financial Times von der Abu Dhabi National Oil Company, kurz Adnoc, umworben werden. Ein Übernahmeangebot in Höhe von 14,4 Mrd. Euro steht im Raum. Dies würde einen Kurs von weit über 60 Euro rechtfertigen. Das sollte nicht nur die bestehenden Aktionäre freuen, sondern beim aktuellen Kurs auch noch weitere Investitionen rechtfertigen.“

    Da wurde sich aber ziemlich aus dem Fenster gelehnt. Weit über 60 € ? Es stehen 62 € im Raum. Es gibt aber auch Berechnungen, wo bei den 14,4 Mrd noch Schulden (anteilig) zu berücksichtigen sind, für die Aktionäre also ggf. weniger gibt. Also ob man beim aktuellen Kurs weitere Investitionen rechtfertigt, ich weiß nicht… habe zwar auch eine kleine Position die Woche mal in Ring geworfen, es geht aber um vielleicht knapp 10 %. Und die Übernahme ist zwar wahrscheinlicher, aber keinesfalls sicher. Ich bin auch nur rein, weil ich kurzfristig, d.h. Tage, wenige Wochen, da mal knapp 10 % abgreifen könnte. Wenn die Wette aufgeht…

    Die oben genannte Formulierung ist mir aber dennoch bei dem Thema zu euphorisch dargestellt.

  • Peter Czeck sagt:

    Trump will, falls er gewinnt, deutl. Einfluss auf die Fed nehmen. Powell betont die Unabhängikeit der Fed u. wagt den grossen Zinsschritt. Biden ist zufrieden. Jetzt könnte Raimunds 19.000 Dax-Prognose bald eintreten. Wie werden sich Rückgänge des Marktzinses auf die Gewinn- u. Verlustrechnungen börsennotierter Unternehmen auf einer Zeitachse auswirken?

  • Peter Czeck sagt:

    Bingo…🏆Glückwunsch Raimund. Ein eindeutiges Ergebnis ist doch schöner als son ungefähres. Wie weiter?