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Greiffbar – Mythos

21. Juni 2024
Volker Schilling
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von Volker Schilling

Welche Themen waren diese Woche am Finanzmarkt relevant?

Argusaugen

Der Riese Argos, der am ganzen Körper Augen hatte, war der Wächter der Zeusgeliebten Io. Wenn man etwas mit Argusaugen beobachtet, dann ist man ein wachsamer Betrachter, ein aufmerksamer Verfolger. Was ist mir diese Woche besonders ins Auge gesprungen? Besonders auffallend ist die erneute Rally bei Techaktien. So ist der Anteil des Technologiesektors im S&P500 inzwischen auf 31 % geradezu explodiert und hat damit den höchsten Anteil im Index seit dem Jahr 2000 erreicht. Exemplarisch die Kursentwicklung von Nvidia: Seit dieser Woche ist Nvidia das wertvollste Unternehmen der Welt und sein Mitgründer und Chef Jen-Hsun Huang fast so ein Mythos wie der Wächter Argos. Er gibt inzwischen nicht nur Stoff für zahlreiche Börsenmemes, sondern signiert auch Dekolletés von Fans und seine Auftritte werden begeistert gefeiert. Diese Woche allerdings nutze er die Gelegenheit, um etwas Taschengeld für sich auszuzahlen. Huang zeigte ein Insidergeschäft an, dass er Nvidia-Aktien im Wert von 31,2 Mio. US-Dollar verkauft hat. Der Mann versteht etwas von Timing. Wollen wir hoffen, dass er nicht so endet wie Argos, der vom Götterboten Hermes eingeschläfert und getötet wurde. Richten wir unser Augenmerk auf die Arroganz der Prognostiker:

Augurenlächeln

Im alten Rom waren die Auguren zuständig für die Vogelschau, das Auspizium. Welches quasi als Vorhersage diente, was den Göttern genehm sei oder eben nicht. Im heutigen Sinne ist die moderne Vogelschau ein täglich zu beobachtendes Ritual an der Börse. Die größte Vertreterin der modernen Auguren ist derzeit Techinvestorin Cathie Wood. Mit ihrem vermeintlich wissenden Augurenlächeln verkündete sie diese Woche vollhals, dass die Tesla-Aktie von derzeit 184 Dollar bis 2029 auf sagenhafte 2600 Dollar steigen wird. Das wäre ein schlappes Plus von 1400 Prozent. Schon einmal hatte sie eine gewagte Prognose zu Teslas Kursentwicklung und lag richtig, das lässt den Markt aufhorchen und die Berichterstattung in Wallung geraten. Dass sie insgesamt mit ihrem Ark Fonds aber mehr Geld vernichtet hat, als sie jemals erwirtschaftete, geht dabei leider allzu häufig unter. Obwohl der Schaden, den sie bei Anlegern hinterlassen hat, gewaltig ist, wird sie weiterhin als „Starinvestorin“ oder „Techgigantin“ gefeiert. Na ja, wenigstens einer dürfte sich über diese Prognose freuen: Elon Musk, denn der hat diese Woche auf der Tesla-Hauptversammlung die Zusage für ein Aktienpaket von sage und schreibe 50 Mrd. US-Dollar erhalten. Aber eine Schwachstelle bleibt:

Achillesferse

Die Achillesferse Teslas ist das große Versprechen der selbstfahrenden Robotaxis. Wenn hier wiederholt nicht geliefert wird, dann wird die Luft dünn für weitere Höhenflüge. Ich bleibe daher weiter skeptisch, da Elon Musk zu oft seine Prognosen nicht eingehalten hat. Die Achillesferse der deutschen Fußballnationalmannschaft dagegen hat im laufenden Turnier allerdings noch kein Gegner ausgemacht. Souverän oder vielmehr „völlig losgelöst“ steuern die Deutschen durch die Gruppenphase. Warten wir es ab, bis die deutschen Achillen vor den Toren Trojas stehen. Homer hätte sicherlich seine Freude am heldenhaften Mut unserer Truppe. Diese EM hat inzwischen auch seine inoffizielle Hymne von zwei Taxifahrern aus Hamburg erhalten, die mit „Diese EM“ einen Social Media Hit gelandet haben, der im Bollywood-Stil gerade viral geht. Diese EM hat wohl doch mehr zu bieten, als wir uns alle noch vor wenigen Wochen vorstellen konnten. Auf ins Achtelfinale!

Ihr Volker Schilling

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